Lille ([lil] anhören?/i, (Niederländisch: Rijsel[1])) ist eine Stadt in Nordfrankreich an der Grenze zu Belgien. Die Gemeinde ist Präfektur des Départements Nord und Hauptort der Region Nord-Pas-de-Calais. Sie trägt den Beinamen „Hauptstadt von Flandern“ und ist mit 227.560 Einwohnern (Stand 1. Januar 2010) – neben Roubaix, Tourcoing und Villeneuve-d’Ascq – eine Kernstadt des Gemeindeverbundes Lille Métropole Communauté urbaine, die sich aus 85 Gemeinden zusammensetzt und 1,1 Millionen Einwohner zählt.
Als größte Stadt bildet Lille zusammen mit den benachbarten belgischen Städten Mouscron, Kortrijk, Tournai und Menen ein großflächiges Ballungsgebiet und von Januar 2008 an den ersten Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit, die Eurométropole Lille-Kortrijk-Tournai, mit insgesamt zwei Millionen Einwohnern. Mit den Städten des ehemaligen Bergbaureviers von Nord-Pas-de-Calais gehört sie außerdem zur 3,5 Millionen Einwohner zählenden Metropolregion Lille.
Der altfranzösische Name L’Isle (frz.-westfläm. bzw. dt.: selten; veraltet: Ryssel [ri:səl], ndl.: Rijsel [reɪsəl] von „ter Yssel“) leitet sich von ihrer ursprünglichen Lage auf einer Sumpfinsel im Tal der Deûle ab, wo sie gegründet wurde. Lille und Umgebung gehörten zu der historischen Region Französisch-Flandern, dem ehemaligen Territorium der Grafschaft Flandern, das sich außerhalb des westflämischen Sprachraums befand. Vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution erlebte Lille als Garnisonsstadt eine wechselvolle Geschichte. Bekannt als meistbelagerte Stadt Frankreichs gehörte sie nacheinander zur Grafschaft Flandern, zum Königreich Frankreich, zum Haus Burgund, zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und zu den Spanischen Niederlanden, bevor sie am Ende des spanischen Erbfolgekrieges wieder an Frankreich fiel. Sie wurde 1792 während des ersten Koalitionskrieges zwischen Frankreich und Österreich noch einmal belagert und in beiden Weltkriegen des zwanzigsten Jahrhunderts durch Besetzung jeweils schwer mitgenommen.
Seit ihrer Entstehung war Lille eine Handelsstadt und vom 16. Jahrhundert an auch gewerbebetreibend. Die Industrielle Revolution formte aus ihr eine große Industriestadt, bei der sich vor allem Textil- und Maschinenbauindustrie ansiedelten. Ihr Niedergang in den 1960er Jahren zog eine lange Krisenzeit nach sich. Erst die Umstellung der Wirtschaft auf Dienstleistungen und die Sanierung heruntergekommener Stadtviertel in den 1990er Jahren führten zu einem Wandel des Stadtbildes. Wichtige Stationen auf ihrem Weg zur Neugestaltung markieren der Bau des neuen Geschäftsviertels Euralille ab 1988, die Durchfahrt des TGV 1993 und des Eurostar 1994, die Entwicklung zu einem Universitätsstandort mit rund 100.000 Studenten (Stand: 2000) sowie die Einstufung als Stadt der Kunst und Geschichte und Kulturhauptstadt Europas als Folge des Kulturprojektes Lille 2004.